Nachricht vom 16.11.2020

Wie man funkt, löscht und sich selbst rettet

Sechs Wochen lang dauert die Grundausbildung der Freiwilligen Feuerwehr Esslingen. Ein Bericht aus dem Stattsanzeiger BW von November 2019.

„Truppmann 1“ mit Sprechfunkausbildung. Zwei Termine unter der Woche abends und samstags. Funken, Abseilen, Löschen standen auf dem Stundenplan. Aber auch Rechtliches und Erste Hilfe. Spannende, aber auch fordernde Wochen.

Ein Samstagmorgen im Oktober. Die Sonne scheint. Zwei Kameraden helfen mir beim Anlegen der Gurte. Ich bin die Erste, die sich am Schlauchturm der Feuerwehr Esslingen abseilen und „selbst retten“ wird. Doppelt gesichert. Es wurde genau geprüft, ob alle Gurte richtig sitzen. Dennoch bleibt ein mulmiges Gefühl. Über das Treppenhaus geht es nach oben. Am Fenster, von dem wir uns abseilen, angekommen, fällt der Blick unweigerlich nach unten. Etwa sieben bis acht Meter sind das. Nun heißt es, einige der unter der Woche erlernten Knoten richtig anzuwenden. Dazu dient die Feuerwehrleine aus dem Seilbeutel. Mit einem Achterknoten befestige ich das Seil, an dem ich kurz darauf hängen werde, am Treppengeländer. Schwierig mit den festen Lederhandschuhen. Es folgt ein Halbmastwurf. Durch den läuft das Seil. Alles wird nochmal von den Ausbildern geprüft. Dann steige ich, das Fenster im Rücken, auf den Sims. Ein komisches Gefühl. Nicht denken, einfach machen, sage ich mir. Ich lasse mich vorsichtig nach hinten und spüre, dass ich gehalten werde. Ich habe Vertrauen in das Seil und vor allem in die Kameraden. Dennoch möchte ich mich irgendwo festhalten. Ich gebe mehr Seil, die Geschwindigkeit steuere ich selber, bis ich im 90-Grad-Winkel am Turm stehe. Ich bin stolz, dass ich meine Angst überwunden habe. Meine Kameraden auch. Sie klatschen. Mit der rechten Hand lasse ich weiter Seil nach und gehe nach unten.

Mitte September hat die Grundausbildung begonnen. Die „Einberufung“ kam per Post vom Landratsamt Esslingen. Neben Anwärterkameradinnen und -kameraden der Feuerwehr Esslingen nahmen auch einige aus dem Landkreis teil. Aus Denkendorf, Neuffen und Echterdingen. 24 Lehrgangsteilnehmer sind es, darunter sechs Frauen. Zwischen 18 und 38 Jahre alt.

Am ersten Abend stehen Recht, Aufgaben der Feuerwehr und Unfallverhütungsvorschriften auf dem Stundenplan. Am Samstag darauf gibt es ein Teamfindungsspiel. Mit der Flammschutzhaube verkehrt auf dem Kopf oder mit der Einsatzjacke darüber geht es für alle gemeinsam an einem „roten Faden“ blind durch die Fahrzeughalle. Da lernt man schnell, dass idealerweise einer das Kommando übernehmen sollte. Und dass man sich auf die Kameraden verlassen können muss, dass Kommunikation eine sehr wichtige Rolle spielt. Ein paar Kollisionen gab es dennoch.

Mit Legotürmchen lernen wir, was Funkdisziplin ist

Kommunikation steht auch an einem der folgenden Montagabende an. Im Einsatz kommuniziert die Feuerwehr per Funk. Noch analog. Zunächst lernen wir die Grundlagen dafür kennen. Was braucht man alles, um am Funkverkehr teilnehmen zu können, wie funktioniert die Technik? Es gibt den 2-Meter-Bereich und den 4-Meter-Bereich. Ersterer wird am Einsatzort verwendet, Letzterer etwa für den Funk zwischen Leitstelle und Einsatzfahrzeug. Befindet man sich im 2-Meter-Bereich, funkt die Feuerwehr mit dem Kennwort Florentine, im 4-Meter-Bereich mit Florian. Außerdem muss ich die Funkrufnamen der Fahrzeuge kennen. Das sind einige. Und es gibt klare Vorgaben dafür, wie ein Funkgespräch ablaufen sollte. Das üben wir mit Legoteilen, die sich einer der Ausbilder – zum Großteil ebenfalls ehrenamtliche Feuerwehrleute – von seinem Sohn ausgeliehen hat. Es werden zwei Gruppen eingeteilt, jede bekommt einen Funkrufnamen. „Florentine Esslingen, 5/43 Angriffstrupp von Florentine Esslingen 5/43 Wassertrupp – kommen“. Die meisten sind erst einmal überfordert. Inklusive mir. „Funkdisziplin bitte“, scherzt einer der Kameraden. Aber wir schafften es, die Bauweise unseres Lego-Bauwerks per Funk so durchzugeben, dass am Ende zwei baugleiche Bauten entstehen.

Auf die Themen Recht, Funk und Brennen und Löschen – dabei standen chemische Vorgänge beim Brandvorgang im Fokus, genauso wie Brandklassen, Löschmittel und Gefahren beim Brandeinsatz – folgen einige Tage Erste Hilfe. Als Feuerwehrangehöriger ist man in besonderem Maße gefordert, auch als Privatperson zu helfen. Grundsätzlich muss aber jeder Hilfe leisten. Das ist im Strafgesetzbuch geregelt. Umso erstaunlicher, finden wir, dass in der Realität die Wenigsten helfen. Diese Erfahrung haben viele bereits selbst gemacht. Was unsere Ausbilder im Einsatz erlebt haben, möchte ich nicht glauben. Zum Beispiel, wenn Schwerverletzten nicht geholfen wird. Stattdessen machen Menschen im Vorbeifahren nur schnell ein Foto. Wir lernen, wie man reanimiert, welche Schockarten es gibt, wie man Personen richtig lagert, wie man bei der Rettung richtig vorgeht. Der Rettungsgrundsatz wird bis zur Prüfung zum treuen Begleiter.

Dann folgt das Thema technische Hilfeleistung. Wer macht was und womit? Etwa, wenn bei einem Verkehrsunfall eine Person eingeklemmt wurde. Auch lernen wir, eine Unfallstelle abzusichern. Wir bauen Beleuchtungsgeräte auf, Stromerzeuger, üben mit dem Mehrzweckzug. Das Zerlegen von Autos, um Personen zu befreien, steht später an – inklusive Einsatz von schweren Geräten wie Spreizer und Rettungsschere.

Nach einem Monat folgt der Löschangriff. Wir üben in drei Gruppen. Bei jedem Löschangriff wechseln wir die Funktionen durch: Der Angriffstrupp rettet und geht als Erster zu einem Brand vor, der Wassertrupp baut die Wasserversorgung auf und der Schlauchtrupp bekommt seine Aufgabe vom Gruppenführer. Genauso der Melder. In jeder Funktion muss jeder genau wissen, was zu tun ist.

Kameradschaft und Füreinander da sein machen die Feuerwehr aus

Den Einsatzbefehl gibt der Gruppenführer: „Wasserentnahme Unterflurhydrant, Verteiler eine B-Länge vor dem Gebäude, Angriffstrupp zur Brandbekämpfung ins erste Obergeschoss über die Treppe, vor!“, heißt es dann zum Beispiel. Der Angriffstruppführer wiederholt das, damit der Truppführer weiß, ob der Auftrag klar ist.

Bis all das richtig sitzt, braucht es noch Praxis. Die bekommen wir nun bei Übungen in den Abteilungen und im Lehrgang „Truppmann 2“. Für jemanden, der in das Ehrenamt quereinsteigt und keinen handwerklichen Beruf hat, gibt es viel zu lernen. Die Ausbilder nehmen sich Zeit und erklären geduldig. Helfen, wo es geht. Das ist auch für viele der Lehrgangsteilnehmer mit ein Grund dafür, Teil der Feuerwehr zu werden: Anderen zu helfen.

Und das macht Feuerwehr wirklich aus: die Kameradschaft. Bis zum Prüfungstag sind wir eine eingeschworene Gruppe. Es gibt einen schriftlichen Test, alle Knoten werden abgefragt, anschließend gibt es eine praktische Abnahme. Feuerwehrkommandant Oliver Knörzer kann allen zur bestandenen Prüfung gratulieren. Gleich im Anschluss überreicht mir mein Abteilungskommandant Werner Meyer strahlend meinen Melder. Seither gewöhne ich mich daran, dass ich in Esslingen immer auf Abruf bin.

Ausgebildet wird auf Gemeinde-, Kreis- und Landesebene

Die Aus- und Fortbildung der Feuerwehrangehörigen wird auf Gemeindeebene, in Lehrgängen auf Kreisebene und an der Landesfeuerwehrschule durchgeführt. Die Ausbildung der Feuerwehrangehörigen erfolgt auf der Grundlage der jeweils geltenden rechtlichen Bestimmungen sowie der diese ergänzenden Vorschriften. Dies sind unter anderem das Feuerwehrgesetz, das Landeskatastrophenschutzgesetz, die Feuerwehr-Dienstvorschriften, die vom Innenministerium den Gemeinden bekannt gegeben worden sind, inhaltliche Vorgaben wie Lernzielkataloge und Lehr- und Lernunterlagen, der Landesfeuerwehrschule, technische Regelwerke und Unfallverhütungsvorschriften.

Redakteur:
Staatsanzeiger BW

(Erstellt am 16. November 2020)

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