Nachricht vom 27.05.2021

Schaulustige werden immer aggressiver

Die Feuerwehren waren 2020 weniger im Einsatz. Für die Rettungsdienste gab es mehr Arbeit.

Seit fünf Jahren ist die Integrierte Leitstelle Esslingen (ILS) in Betrieb. Jeweils acht Disponenten pro Schicht – sechs Mitarbeiter vom Rettungsdienst und zwei von der Feuerwehr – nehmen dort rund um die Uhr sämtliche im Kreis auflaufenden Anrufe über die Notrufnummer 112 entgegen. Die Coronapandemie wirkte sich im vergangenen Jahr auch auf die Arbeit von Feuerwehr und Rettungsdienst aus. Wie Kreisbrandmeister Bernhard Dittrich erklärt, nahmen die Brandeinsätze zu. Mussten die Feuerwehrangehörigen im Jahr 2019 noch 677 Mal zu Bränden ausrücken, waren es vergangenes Jahr 712 Einsätze. „Die Bürger waren 2020 viel mehr Zuhause wegen Homeoffice oder Homeschooling, deshalb gab es mehr Kleinbrände“, vermutet Bernhard Dittrich. Dadurch hätten jedoch größere Brände verhindert werden können.

Einen deutlichen Rückgang gab es laut dem Kreisbrandmeister bei den technischen Hilfeleistungen: Rückte die Feuerwehr 2019 noch zu 2532 Einsätzen aus – meist auf die Autobahn – waren es im Jahr 2020 rund 20 Prozent weniger. „Auf den Straßen waren im vergangenen Jahr deutlich weniger Verkehrsteilnehmer unterwegs“, erklärt Dittrich. Insgesamt gab es für die Feuerwehrangehörigen im vergangenen Jahr 8029 Einsätze. Im Jahr 2019 waren es noch 10 511 Alarmierungen.

Für den Kreisbrandmeister ist es erfreulich, dass die Fehlalarme der rund 800 Brandmeldeanlagen zurückgingen. Dies führt er auf die gedrosselte Produktion in der Industrie zurück. Während der Einsätze retteten die Feuerwehrangehörigen im Kreis Esslingen 113 Menschen. „Leider gab es bei dem Großbrand in Nürtingen Anfang November zwei Tote zu beklagen“, erinnert sich Bernhard Dittrich. Insgesamt hätten sich aber die Rauchwarnmelder in den Wohnungen sehr bewährt.

Derzeit stehen bei den 44 Gemeindefeuerwehren im Kreis 3833 Ehrenamtliche und 54 hauptamtliche Kräfte Tag und Nacht bereit. Weitere 229 Feuerwehrangehörige sind bei den sieben Werkfeuerwehren beschäftigt. „Das Personal ist das Wichtigste“, sagt Dittrich. „Und für eine gute Ausbildung benötigt es geeignete Feuerwehrgebäude und passendes Equipment.“ Er ist zufrieden, dass sämtliche Anträge, die 2020 eingingen, gefördert wurden, wenn auch mit kleineren Beträgen.

Die Rettungsdienste verzeichnen in den vergangenen Jahren eine zunehmende Aggressivität durch Schaulustige. Rolf Wieder, der Leiter der Integrierten Leitstelle bringt es auf den Punkt: „Zwei Kollegen vom Rettungsdienst mussten nach einer Attacke durch Gaffer in der Klinik behandelt werden. Im vergangenen Jahr gab es vier tätliche Angriffe auf Rettungskräfte.“ Matthias Spang, Fachbereichsleiter Feuerwehr bei der ILS, stellt mangelnde Akzeptanz bei Einsätzen fest: „Es wird alles gefilmt und dokumentiert. Die Kräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst stehen im Fokus und alles wird beobachtet.“

Während die Feuerwehrangehörigen ihre Hilfeleistung wegen der Absperrungen meist in Ruhe verrichten können, gibt es beim Rettungsdienst vermehrt Rempeleien an Einsatzorten. „Die Akzeptanz gegenüber der Situation, in der man selbst beeinflusst ist, nimmt ab“, beurteilt Matthias Spang das Verhalten der Schaulustigen. „Wir schulen unser Personal entsprebchend der dynamischen Situation“, erklärt
Rolf Wieder.

Im vergangenen Jahr verzeichneten die Rettungsdienste knapp 130 000 Vorgänge. Während die Notfallrettung leicht rückläufig war, nahm die Zahl der Krankentransporte zu. Eine deutliche Zunahme von Anrufen verzeichnete der Rettungsdienst coronabedingt im März 2020. Rolf Wieder lobt die Arbeit der Disponenten der Integrierten Leitstelle: „In der schwierigen Lage waren sie oft an der Belastungsgrenze.“ Um einen Totalausfall der Leitstelle zu verhindern, schaffte man acht Homeoffice-Arbeitsplätze. „Wir stellen so sicher, dass die ILS als Herzstück jederzeit einsatzbereit ist.“ Derzeit bereiten sich die Mitarbeiter auf die bundesweite Notruf-App vor, die in diesem Jahr auf den Markt kommen soll. „Die App ist zukünftig als Ersatz für das Gehörlosenfax gedacht, es ist aber nicht auszuschließen, dass dieses Programm in der jüngeren Bevölkerung Verbreitung findet.“

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Redakteur:
Esslinger Zeitung