Nachricht vom 21.06.2021

Große Chancen durch Small Talks

Die „Coffee-Talks“ der Feuerwehr mit der Partnerstadt Sheboygan sind mehr als Kaffeeklatsch.

Der abgedroschene Gag mit dem „English for Runaways“ prallt an ihm ab. Dieser sehr frei übersetzte Hinweis auf das „Englisch für Fortgeschrittene“ kann Paul Leonidis nicht einmal ein gelangweiltes Lächeln entlocken. Denn über dieses Greenhorn-Anfänger- Stadium ist er längst hinaus. Zusammen mit drei Kameraden poliert der Hauptbrandmeister bei der Esslinger Feuerwehr seine deutsch-englischen Sprachkenntnisse mit praktischen Übungen auf. Durch regelmäßige „Coffee-Talks“ mit einem festen Gesprächsfreund in Esslingens Partnerstadt Sheboygan im US-amerikanischen Bundesstaat Wisconsin ist er in der Fremdsprache sattelfest geworden.

„Hello. Hello. Can you help me please? Hallo, hallo, können Sie mir bitte helfen?“ Das passiert immer häufiger in der Leitzentrale der Esslinger Feuerwehr. Unter der Telefonnummer 112 gehen Notrufe auf Englisch ein. Die Nähe zum Flughafen bei Leinfelden-Echterdingen, zu Autobahnen und öffentlichen Verkehrsmitteln bescheren internationale Besucher. Touristen, Geschäftsreisende, auswärtige Gäste, Lkw-Fahrer ausländischer Firmen, Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund haben oft keine deutschen Sprachkenntnisse, berichtet Paul Leonidis aus Erfahrung. Doch wenn jede Sekunde zählt, dann dürfen die Worte nicht fehlen. Bei Notrufen könnten fehlende Sprachkenntnisse, Hemmschwellen oder Angst vor Fehlern schlimme Konsequenzen haben. Oder zu Missverständnissen führen. Dafür kann Paul Leonidis ein Beispiel nennen: Eine Frau habe sich über den Notruf gemeldet, weil sie ein Kind erwarte und Hilfe brauche. Da habe der Angerufene nachgefragt: „You’re becoming a baby?“ Die klassische Schülerfalle, „to become“, die englische Vokabel für „werden“, mit dem nahe liegenden deutschen Wort „bekommen“ zu übersetzen, schnappte also wieder zu. Solche Missverständnisse müssten vor allem in Notrufsituationen vermieden werden, stellt Paul Leonidis klar – darum wurden die „Coffee-Talks“ ins Leben gerufen.

Vokabeln pauken. Grammatik lernen. Sich Verbformen ins Hirn hämmern. Nein, das wäre der falsche Weg gewesen. Alles, was auch nur entfernt an Schule, Noten, Unterricht oder Auswendiglernen erinnere, sollte ausgeklammert werden, betont Katrin Radtke, Leiterin des Referats für Partnerstädte und internationale Beziehungen der Stadt Esslingen. Leicht, locker, lässig, leger und dennoch effizient sollte die Sprachvermittlung laufen. So wurde die Idee mit den „Coffee-Talks“ geboren. Durch die Vermittlung einer Organisation in Sheboygan wurden interessierte englische Muttersprachler in der USamerikanischen Partnerstadt gefunden, die sich gerne einmal in der Woche mit einem deutschen Counterpart unterhalten wollten.

Interesse und Bereitschaft waren groß – und so konnten die „Coffee-Talks“ im Februar beginnen. „Es wurden Tandems aus je einem Angehörigen der Esslinger Feuerwehr und einem Einwohner von Sheboygan gebildet“, erklärt Katrin Radtke. Die Gesprächsduos fanden sich und kontaktieren sich seither regelmäßig und unter
eigener Regie über Online-Schaltungen via Zoom. Die Chemie stimmte sofort. Auf seinem leuchtend blauen T-Shirt prangt das Emblem der Feuerwehr von Sheboygan, und für Paul Leonidis ist diese Kleiderwahl Programm. Zwei mal hat er die Partnerstadt schon besucht, dabei auch Kontakte zu Feuerwehr-Kameraden geknüpft, und die „Coffee-Talks“ sind ihm eine Herzensangelegenheit. Er redet mit seinem amerikanischen Gesprächspartner „über Gott und die Welt“, über Politik und Covid-19, über Schulsysteme und Ausbildungsgänge, über die OB-Wahl in Esslingen oder auch über das Wetter: „Ich weiß nun ganz genau, was seine Kinder und Enkel beruflich machen.“ Nur ein Bereich ist tabu – Feuerwehr-Themen sollen nicht angeschnitten werden. Darum wurden auch ganz bewusst Menschen als Gesprächspartner in Sheboygan ausgewählt, die keine Mitglieder der Feuerwehr sind. Denn der Plan hinter den „Coffee-Talks“ sieht eine ganz normale Konversation, eine alltägliche Sprachsituation, ein Reden über gewöhnliche Themen vor. Diese Small Talks bieten große Chancen. Sie seien ein niederschwelliges Angebot, das Barrieren und Hemmschwellen abbaue, die Sprachkompetenz aber verbessere, erklärt Katrin Radtke. Das Konzept, meint sie, habe sich bewährt und sei ausbaufähig. Denkbar wäre auch eine Ausweitung auf Kliniken, Verwaltungsmitarbeiter oder andere Einrichtungen, die ihre englischen Kenntnisse aufpolieren wollten.

Bei Paul Leonidis hat das geklappt. Eigentlich waren Talks mit einer Länge von 20 bis 30 Minuten vorgesehen, doch er redet mit seinem Gesprächspartner meist mindestens eine Stunde. „Es ist die moderne Fortsetzung der klassischen Brieffreundschaft“, meint er und ergänzt staunend, dass manche Kameraden ihre Gespräche um 1 Uhr nachts führen würden – wegen der Zeitverschiebung in den USA. Die Rückmeldungen seien nur positiv. „English for Runaways“ war gestern.

Redakteur:
Esslinger Zeitung

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